B&T STATEMENT PIECE l Noch nie waren wir so froh und stolz darüber, dass unser Label politisch ist. Seit unserer Gründung machen wir uns dafür stark, dass ALLE Mitarbeiter:innen bei uns Wertschätzung erfahren. Unabhängig von Geschlecht, Nationalität, ethnischer Herkunft, Religion oder Weltanschauung, Behinderung, Alter, sexueller Orientierung und Identität. So haben wir schon immer gearbeitet und werden es auch weiterhin tun. Denn es ist uns seit jeher ein Anliegen, auf die mangelnde Wertschätzung gegenüber Menschen aufmerksam zu machen, die so oft in dieser Gesellschaft übersehen, ausgegrenzt oder stigmatisiert werden. Der brutale Tod von George Floyd in den USA hat eine längst überfällige Debatte losgetreten, die wir unbedingt unterstützen möchten. Indem wir gemeinsam mit euch recherchieren, lernen und zuhören. Und damit unsere weißen Privilegien immer und immer wieder hinterfragen.

Josephine Apraku hat mit #kritischeweiß_heiten am 6.Juni 2020 eine Instagram Challenge ins Leben gerufen, bei der wir für einen Monat unsere weißen Privilegien und damit einhergehende, von uns unbemerkte anti-rassistische Minitendenzen/ Denkmuster hinterfragen. Denn es reicht nicht, einmalig ein schwarzes Bild zu posten, wie es so viele am #blacktuesday getan haben. Sondern Rassismus als ein Problem zu begreifen, dass alle von uns – auch wenn wir fest davon überzeugt sind, mit Rassismus nichts zu tun zu haben – aufrichtig reflektieren müssen. Denn Rassismus findet neben offensichtlichen strukturellen Einschreibung auch auf so vielen subtilen Ebenen statt. Es ist ein Alltagsbegleiter, der sich seit vielen Jahrhunderten fest in unsere Handlungsmuster eingebrannt hat und den wir an der Wurzel packen müssen, um ihn loszuwerden.

Dafür ist es so wichtig, zuzuhören (zB in Deutschland bei @tupoka.o @alice_haruko @aminatabelli), von Betroffenen zu lernen und das eigene Verhalten entsprechend zu reflektieren. Wo haben sich Nuancen in unsere Sprache eingeschlichen? Wo sehen oder hören wir alltagsrassistische Dinge und beziehen keine Position? Wie erklären und leben wir unseren Kindern vor, was Diversität wirklich bedeutet ? Wie können wir eine rassismuskritischere Perspektive einnehmen und damit eine Gesprächskultur entwickeln, die dauerhaft anhält und sich zB in Gesetzen gegen strukturellen Rassismus niederschlägt?

 

Die Instagram Challenge #kritischeweiß_heiten

Damit sich die Debatte fest in unsere Diskussionskultur einschreibt, teilen wir in diesem Beitrag die sehr persönlichen Antworten unserer Gründerinnen Lotte und Conny auf die #kritischeweiß_heiten Challenge von Josephine Apraku.

 

Lotte: Ich habe erst gemerkt, dass ich weiß bin, als ich für meinen kenianischen Mitbewohner Termine mit Ämtern und Behörden ausgemacht habe, weil das mit meinem Nachnamen schnell und easy ging. // Conny: Beim Urlaub in Südafrika. Das Gefühl, aufgrund meiner Hautfarbe privilegiert behandelt zu werden, konnte ich dort körperlich spüren. Und habe mich dafür geschämt.

 

Lotte: Ja. Es war mir klar, dass ich durch mein Weiß-Sein Zugang zu Bereichen habe, die für Nicht-Weiße mit hohen Hürden verbunden sind. Dass ich als Weiße Akademikerin unter Weißen komfortabel verhandeln, schmeicheln, überzeugen, bitten & drohen kann. Und ich habe es voll ausgenutzt. // Conny: Als studierte Kulturwissenschaftlerin war es mir zu diesem Zeitpunkt theoretisch, aber nicht praktisch klar. Ich war eher darauf trainiert, Ausschlüsse von BIPOC zu sehen, als meine eigenen Privilegien zu hinterfragen.

 

Lotte: 1. Menschen haben keine Angst vor mir, sondern sind mir positiv gesinnt. 2. Es wird davon ausgegangen, dass ich gebildet bin und Ahnung habe. 3. Ich werde als vertrauenswürdige zahlkräftige Kundin gesehen. // Conny: 1. Ich werde in allen Gesprächseinstiegen vorbehaltlos ernst genommen. 2. Meine Kinder haben alle Bildungsmöglichkeiten 3. Ich habe die Wahl, ob ich mich mit Anti-Rassismus auseinander setzen möchte oder nicht.

 

Lotte: Nein // Conny. Nein

 

 

 

 

Lotte: 1. Ich werde offen zugeben, dass es Rassismus gibt und ich zu den privilegierten Profiteurinnen gehöre. 2. Ich werde nicht das Thema wechseln oder peinlich berührt schweigen, wenn sich jemand rassistisch äußert/ verhält.  3. Ich möchte meine Stereotypen und Verallgemeinerungen hinterfragen & aushebeln. // Conny: 1. Ich möchte meine Privilegien dafür nutzen, um den Anti-Rassismus Diskurs in meine weiße Crowd zu tragen. 2. Nicht wegsehen/-hören, wenn ich Rassismus mitbekomme. 3. Mich angesprochen fühlen, wenn es um strukturellen Rassismus geht.

Lotte: Mir standen eigentlich alle Türen offen und ich habe mich stets willkommen gefühlt. Und nur ich selber konnte mir im Weg stehen. // Conny: Es gab sicherlich etliche Bedingungen, warum mein Lebensweg so verlaufen ist wie er ist. Wie unser Umzug von Ost- nach Westdeutschland, der mir eine freie Bildung ermöglicht hat. Ich habe dies aber nie in Verbindung mit meiner Hautfarbe gebracht, heute denke ich darüber anders.

 

Lotte: Ich hab die Bezeichnung weiß anscheinend bisher immer ignorieren können oder habe mich nicht angesprochen gefühlt. Erst in Tupoka Ogettes Buch „Exit Racism“ merkte ich, dass ich mit weiß gemeint bin & fühlte mich ein bisschen vor den Kopf gestoßen. // Conny: Im Urlaub in Südafrika. Wir haben ein Township besucht & uns von Bewohnern des Townships führen lassen. Wir hatten auch unser damals sehr kleines Baby dabei. Als weiß bezeichnet zu werden, hat sich an diesem Ort irgendwie logisch angefühlt, war aber auch begleitet von einem großen Unwohlsein im Bauch.

Lotte: Ja, ich habe immer gesagt, dass für mich alle Menschen gleich sind und ich keine Farben sehe. Nach dem Buch von Tupoka Ogette habe ich erkannt, dass diese Aussage rassistische Diskriminierungen bagatellisiert und aberkennt, dass Menschen als ungleich behandelt werden. // Conny: Ja ich habe das oft gesagt. Und jetzt kapiert, dass ich damit genau das Gegenteil bewirke. Dass es ignorant ist und nicht empowernd. Mir fehlte das Verständnis, dass eine Negierung auch eine Verstärkung von Ungleichheit bewirken kann. Wahnsinn.

 

Lotte: In der Schule haben wir viel über Rassismus gesprochen. Allerdings hauptsächlich in einer für mich abstrakten und historischen Sichtweise über Sklavenhandel und Apartheid und nicht über systematischen aktuellen Rassismus. Vor allen Dingen waren mir die Zusammenhänge nicht klar. // Conny: Durch eine engen Freund in der Schulzeit. Sein Vater stammte nicht aus Deutschland. Er hat mir von Kindheitserfahrungen berichtet, die aufgrund seines Aussehens passierten und absolut rassistisch motiviert waren. Ich war schockiert.

 

Lotte: Nein, über strukturellen Rassismus habe ich mir erst vor Kurzem Gedanken gemacht. Und komme mir jetzt so naiv vor. // Conny: Nein, ich habe immer gedacht, dass Rassismus ein bewusster Vorgang ist, den ’nur‘ rechtspolitisch gesinnte Menschen mit voller Absicht ausführen. Die feinen, strukturellen Nuancen, wie sie zB in unserer Sprache teilweise verankert sind, waren mir nicht bewusst oder bekannt.

 

 

 

Lotte: Rassismus ist tief im System verwurzelt. Durch die strukturelle Ab- und Ausgrenzung bestimmter Bevölkerungsgruppen zementieren wir Weißen Mittelschichtler zahllose Privilegien. Ich kann mich frei entfalten, aber auf Kosten derer, die strukturell ausgegrenzt sind. // Conny: Eine Struktur geht tiefer als situative Äußerungen oder Handlungen. Struktureller Rassismus ist tief in Sprache, Politik, Bildung, Justiz verankert. Deshalb sieht man es als gegeben an & hinterfragt es nicht. Was umso dramatischer ist, da es zu einer ungerechten Verteilung von Privilegien und Chancen führt.

 

Lotte: Mich hat es getroffen und verletzt. Ich wollte in einer Welt  leben, der mit Rassismus nur als abseitige Randerscheinung zu tun hat. Da ich profizierender Teil des Systems bin, war es schwer für mich, zu akzeptieren, dass das System, das mich bevorzugt, andere benachteiligt. // Conny: Ich bin immer noch fassungslos, wie anders die Welt aussieht, wenn man sein idealistisches Denken beiseite schiebt. Ich habe von mich auf andere geschlossen und verkannt, dass Themen sich nur ändern, wenn sie möglichst viele Menschen erreichen.

 

 

Lotte: Es fällt mir nicht schwer, Rassismus anzuprangern und zu verurteilen. Aber wenn es um persönlichen individuellen Rassismus geht, den ich live erlebe, gehe ich viel zu selten laut & direkt dagegen vor. Gerade bei älteren Leuten schaffe ich es nicht, rassistische Bemerkungen als solche anzumerken. Sondern tue es als unabsichtlich oder ungeschickt ab. // Conny: Ich hatte schon immer einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn und spreche oft unbequeme Themen an. Manchmal bin ich aber der Diskussion schon im Vorfeld zu müde und nehme das Thema daher nicht auf. Das möchte ich ab sofort ändern.

 

Lotte: Ich habe das Buch/den Podcast Exit Racism richtig durchgearbeitet. Dazu lese ich sehr aufmerksam die Artikel von Yasemin Shooman und Alice Hasters. // Conny: Tupoka Ogete, Alice Hasters, Aminata Belli, Mireille Charper, Christl Clear, Rachel Elizabeth Cargle.

 

 

 

 

Lotte: Ich möchte mir noch klarer werden, welche Weißen Privilegien ich als selbstverständlich wahrnehme. Und ich möchte lernen, die richtigen schlagfertigen Antworten auf rassistische Sprache und Haltung zu geben. // Conny: Wie ich es schaffe, das Thema dauerhaft in mein Denken und meinen Alltag zu integrieren.

 

 

 

Lotte: Das kenne ich! Bevor ich durch Tupoka Ogette sensibilisiert wurde, habe ich Rassismus und seinen Einfluss auf mein Alltagsleben einfach nur weit von mir gewiesen. Ich hatte das Gefühl, Rassismus spielt in meinem Leben keine Rolle und es reicht, ihn universal zu verteufeln. // Conny: Freundlich aber hartnäckig bleiben, die Unbequemlichkeit aushalten, gute Argumente liefern, dass uns das Thema alle angeht.

 

 

Lotte: Ich schäme mich, besonders für meine Ignoranz und Arroganz. Da hilft mir, offen darüber zu sprechen.

Conny: Scham und Fassungslosigkeit. Wie konnte ich denken, ich hätte alles verstanden? Mir hilft es, die Gefühle zuzugeben und sie in Gesprächen zu thematisieren.

 

 

 

Lotte: Ich finde das sehr schwierig, da meine Emotionen und die des Gegenüber eine Diskussion sehr schnell unsachlich und persönlich werden lassen. Dabei ist es schwierig, die Fakten als sachliche Basis zu vermitteln, bevor man auf der individuellen Gefühlsebene spricht, was das mit einem macht. // Conny: Freundlich, aber hartnäckig wiederhole ich meine Argumente immer und immer wieder. Ersteres gelingt dabei nicht immer. Ich muss deshalb noch lernen, in diesem Kontext zuweilen etwas diplomatischer zu sein.

 

 

 

Lotte: Es kommt ganz auf meine Beziehung und meine Rolle dem Familienmitglied gegenüber an. Viele in meinem engen Familienumfeld teilen meine Perspektive und befinden sich gerade auf einem ähnlichen Weg. Bei Leuten, die etwas weiter weg sind, bin ich mir da manchmal nicht so sicher, vermeide aber häufig die Konfrontation. // Conny: Ich versuche v.a. zu erklären, wo Rassismus bereits anfängt. Dass es nicht nur in extremen Haltungen und Aktionen, sondern bereits in feinsten Nuancen, die uns gar nicht bewusst sind, zutage tritt. Und warum es ein krasses Privileg ist, zu entscheiden, ob wir uns damit auseinander setzen wollen oder nicht.

 

 

Lotte: Mindestziel ist, einen Denkanstoß zu geben. Ich habe selber durch Upoka Ogettes Buch ganz neue Perspektiven gewonnen. Daher empfehle ich das gerne weiter und hoffe, dass sich die Menschen dadurch auf den Weg machen, sich und Rassismus genauer anzusehen und zu hinterfragen. // Conny: Ich wünsche mir, dass etwas hängen bleibt. Dass ich mit dem Gespräch einen Denkanstoß auslösen kann, der weitere Kreise zieht. Indem er einen Diskurs in Gang setzt, den wir alle gemeinsam führen sollten.

 

 

Lotte: Ich wünsche mir, dass jede/r seine eigene Reise antritt, sich und Rassismus zu erkennen und zu bearbeiten. // Conny: In meinen Freundeskreis gibt es nur wenige, die sich nicht mit dem Thema auseinander setzen. Der Diskurs ist also da. In Gesprächen empfehle ich oft gute Quellen oder Presseartikel, oder frage selbst um Hilfe.

 

 

 

 

Lotte: Ich möchte selbstbewusster und mutiger für Wahrheit einstehen. Das muss ich üben. // Conny: Noch mehr Gespräche suchen, egal wie unbequem sie sind.

 

 

 

 

 

Lotte: Im Rahmen meiner Arbeit unterstütze ich Menschen, die durch soziale Benachteiligung Schwierigkeiten haben, am Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Dies sind systembedingt auch Schwarze Menschen und People of Colour. // Conny: s. Lotte

 

 

 

 

Lotte: Die Ausgrenzung von „fremden“, als minderwertig markierten Gruppen von Ressourcen aller Art macht diese  noch verletzlicher und zementiert bzw. legitimiert die Privilegien der  gesunden, wohlhabenden Weißen. Häufig wirken dann mehrere Ausgrenzungsmechanismen auf eine Person oder Gruppe und alles kumuliert sich. Dagegen will ich einstehen, um Abwärtsspiralen aufzubrechen. // Conny: Grundsätzlich hat mich die Debatte um subtile, rassistische Handlungsmuster extrem wachgerüttelt, so dass ich auch anderen Themen, von denen ich dachte, dass sie nichts mit mir zu tun haben, noch offen radikaler angehen und reflektieren will.

 

Lotte: Ja. Bisher habe ich naiverweise Freunde von mir als nicht von Rassismus betroffen einsortiert. Und ihnen damit Unrecht getan und Rassismus bagatellisiert, weil ich empfand, dass meine gut ausgebildeten, intelligenten, „integrierten“ Freunde irgendwie nicht zu den von Rassismus betroffenen Schwarzen gehören. Wie ignorant. // Conny: Ja, allerdings haben wir nur selten über alltagsrasstistische Erfahrungen geredet. Das hat sich geändert. Zum Glück.

 

 

Lotte: Ja, das ist schwierig. Denn die Augen geöffnet haben mir Schwarze Menschen, die mir jetzt meine Welt neu erklären. Ich strenge mich an, mich umfassend zu informieren und zu bilden und vor allen Dingen meine Gedanken mit Weißen Menschen zu teilen. // Conny: Ich versuche den Diskurs besonders mit meinen weißen Freunden zu führen, um unsere whote privileges zu sortieren und nicht noch mehr Ballast auf die Schultern von BIPOC zu legen.

 

 

Lotte & Conny: Teilen, teilen, teilen. Lesen, lesen, lesen. Zuhören, zuhören, zuhören.

 

 

 

 

 

Lotte: Ich möchte in den richtigen Momenten den Raum frei machen, für Menschen, die sonst in den Hintergrund gedrängt werden. In anderen Momenten werde ich mit meiner Stimme vortreten und für Menschen laut sein, die es noch oder gerade nicht selber können. // Conny: Wir schreiben z.B. gerade diesen Blogbeitrag hier. Als Social Media Verantwortliche versuche ich regelmäßig, über Themen wie dieses wichtige auf unseren Kanälen zu schreiben und damit zu sensibilisieren.

 

 

Lotte: In mir haben alle Fragen ein tiefes Reflektieren ausgelöst. Und mich
sensibilisiert, viel genauer hinzusehen und hinzuhören. // Conny: Gänsehaut. Dass ich so viel zu glauben schien. Und doch so wenig wusste.

 

 

 

 

Lotte: Demut. Reflexion. Motivation. // Conny: Prozess. Sich selbst hinterfragen. Diskurs.

 

 

 

 

 

Lotte: Nein. Aber ich werde hoffentlich auch zukünftig immer wieder an die Fragen und Antworten zurückdenken und schauen, ob und was sich geändert hat. // Conny: Nein.

 

 

 

 

Lotte & Conny: Wir wollen noch mehr über Critical Whiteness lernen, um Ungerechtigkeiten
besser zu erkennen und die Mechanismen hinter strukturellem Rassismus
bewusst zu hinterfragen und auszuhebeln. Ganz konkret wollen wir aber auch täglich unsere Privilegien erkennen, um mehr gegen die Schwierigkeiten von marginalisierten Menschen/Gruppen tun zu können.