B&T WE DESIGN SOCIETY l Ein Grund, warum viele unserer Kleidungstücke schon nach kurzer Zeit ausgedient haben und kaum getragen in den Altleidercontainer wandern, ist die falsche Pflege. „90 Prozent unserer Kleidungsstücke werden zu früh aussortiert und entsorgt“, erzählt Sarah von slowli. Das ist natürlich alles andere als nachhaltig und unterstützt vielmehr das Fast Fashion System als vielen lieb sein dürfte. Dabei wünschen sich die bereits in unserem Schrank vorhandenen Teile nichts mehr als geliebt und wertgeschätzt zu werden und ein langes und erfülltes Leben zu führen. So wie wir Menschen auch. Ein sorgfältiger und achtsamer Umgang mit unseren Textilien macht aber nicht nur unsere Kleider glücklich, sondern auch unsere Umwelt. Worauf wir in Sachen Langlebigkeit achten sollten, welches Material welches „Wohlfühlprogramm“ am liebsten hat, wie wir umweltschonend waschen können und warum wir gerade im Herbst wieder mal auf Kastaniensuche gehen könnten, erfahrt ihr in diesem Artikel.
1. Beim Waschen gilt: weniger ist mehr
Viele von uns waschen nach einfach viel zu oft. Einmal getragen, fleckenlos und trotzdem: ab damit in den Wäschekorb. Das muss nicht sein. Erstmal reicht es, unsere Kleidungsstücke auf dem Balkon oder am offenen Fenster auslüften zu lassen. Auch heißer Duschdampf kann unangenehme Gerüche entfernen. Also falls du eh gerade unter die Dusche springen wolltest…
2. Jedes Material hat individuelle Pflegeansprüche
Baumwolle, Wolle, Seide, Cashmere, Modal – sie alle mögen es anders. Heiko Wunder, Gründer des nachhaltigen Modelabels „Wunderwerk“ aus Düsseldorf, empfiehlt hier, von uns für Euch zusammengefasst, folgendes für die verschiedenen Textilien, die dir Grundlage unserer Kleidung sind:
Baumwolle
- waschen: 30 Grad; nicht zu sehr schleudern
- Tipp: nachhaltigen, abbaubaren Bio-Weichspüler auf Pflanzenöl-Basis (z.B. von Sonett) gegen Stumpf-/Trockenheit nutzen
Seide, Wolle, Alpaka und Cashmere
- waschen: Handwaschprogramm deiner Waschmaschine oder selbst Hand anlegen; für Extraschutz den Waschbeutel benutzen
- bügeln: unter einer Unterlage; 1 Punkt bis max. 105 Grad
- Tipp: Wolle/Alpaka mit Naturkosmetik-Shampoo waschen
- Good to know: Seide/Wolle sind Eiweißfasern, die bei hohen Temperaturen denaturieren (d.h. ihre ursprüngliche Qualität/Struktur verlieren)
Zellulosefasern (Viskose, Modal, Lyocell z.B. Tencel, etc.)
- waschen: Waschmittel nicht direkt in die Trommel, sondern lieber in das Einfüllfach geben; Wäsche direkt nach dem Waschgang aus der Trommel nehmen, sonst sind Farbveränderungen möglich
- bügeln: 2 Punkte (bis 165 Grad) sind ausreichend
- Tipp: vertragen keine Säure (Flecken nicht mit Zitronensäure o.Ä. behandeln)
- Good to know: Gruppe der Regeneratfasern; Herstellung auf Basis von Pflanzenfasern; strapazierfähig
Denim (damit Eure Jeans bereits ein langes Leben hatten, bevor sie zu uns kommen…)
- waschen: Pflegeetikett beachten (es ist irgendwie doof darauf hinzuweisen, aber leider machen wir das wirklich kaum, wenn es schnell gehen muss)
- Tipp: ab in den Gefrierschrank gilt insbesondere für Jeans!
- Good to know: authentische „Selvedge“ Jeans, die man an ihrer sauberen, mit einem farbigen Faden fixierten,Webkante erkennt, kommen in der Regel absolut ungewaschen in den Handel
- Merkmale: robust, strapazierfähig, eines der langlebigsten Materialien überhaupt
3. Ausleierschutz ist wichtig, schließlich ist keiner gerne „unförmig“
Dein geliebter Woll-/Strickpullover mag es am liebsten ganz entspannt zu trocknen, alle Viere von sich gestreckt, um gut in Form zu bleiben. Zum Lagern im Schrank nicht aufhängen, sondern zusammenlegen.
4. Pilling, baby
Habt ihr schon mal von dem Begriff „Pilling“ gehört? Es handelt sich dabei um die fiesen, unschönen kleinen Knötchen, die insbesondere Bio-Wolle gern bildet, welche nicht mit Anti-Pilling-Chemikalien behandelt wurde. Was dagegen hilft? Ein Fussel-Rasierer!
5. Was tun bei Schweißgeruch?
Als Waschalternative hilft es, die Kleidungsstücke in einem Beutel eine Nacht im „Eishotel“ (dem Gefrierschrank) übernachten zu lassen. Die Kälte bewirkt das Absterben der Milchsäurebakterien, die den unangenehmen Geruch verursachen. Natürlich nur, wenn noch ein „Zimmer“ (Fach) frei ist.
6. Welches Waschmittel?
Keiner muss komplett aufs Waschen verzichten. Aber Augen auf bei der Waschmittelwahl. Der negative Einfluss von konventionellen Mitteln auf unsere Umwelt ist durch enthaltene Farbstoffe, Enzyme, Mikroplastik, künstliche Duftstoffe, Palmöl etc. weitaus größer, als der von den ebenfalls in vielen Drogerien erhältlichen Bio-Alternativen oder hausgemachtem Waschmittel (z.B. aus Kastanien oder Efeu).
Good to know: Für konventionellen Weichspüler werden oft Schlachtabfälle verwendet! Die Weichheit im Pullover wird oftmals durch den Einsatz von tierischen Fetten erzielt.
7. Waschbälle, Waschnüsse oder selbstgemachtes Waschmittel aus Kastanien?
Für die Experimentellen unter Euch: Probiert es doch einfach mal mit Waschbällen, Waschnüssen oder selbstgemachtem Waschmittel aus Kastanien. Über einen längeren Zeitraum kannst du deinen Waschmittelverbrauch mit diesen Alternativen sogar zwischen 80 % und 100% reduzieren. Ein Vorteil von Waschnüssen (Früchte des Seifenbaums) ist z.B. auch, dass sie rein natürlich sind, ein großer Nachteil allerdings ihre asiatische Herkunft. Umso besser, dass wir hier zu Lande eine regionale Alternative haben: die Kastanie. Aus ihr lässt sich relativ einfach ein hausgemachtes, flüssiges Waschmittel herstellen, dem ihr mit ein paar Tropfen ätherischer Öle euren Lieblingsduft verleihen könnt. Also lasst uns Kindheitserinnerungen wecken und auf Kastaniensuche gehen! Hier geht es zu einem simplen DIY.
Good to know: Waschnüsse sowie Kastanien enthalten Saponine, waschaktive Substanzen, wodurch sie zum Waschen geeignet sind. Schalen der Waschnüsse hierfür einfach in einem Wäschebeutel mit in die Maschine geben.
8. Plastik versteckt sich überall
Aufgepasst, Plastik versteckt sich einfach überall, auch in unserer Kleidung. Klamotten, die künstliche, synthetische Fasern enthalten, häufig Sportkleidung, geben beim Waschen Mikroplastik ab. Für unsere Umwelt und sauberes Wasser sollte man spezielle Wäschebeutel verwenden oder direkt komplett auf Kleidung mit synthetischen Fasern verzichten. „Die Wissenschaft schätzt, dass das Waschen von 100.000 Textilien, welche aus synthetischen Fasern bestehen, zwischen 0,65 und 3,9 Kilogramm Mikroplastik in den Wasserkreislauf abgibt.“ – slowli
Beispiele für synthetische Fasern: Stoffe wie Polyester, Polyamid (Nylon oder Perlon) oder Polyacryl. Und Polyurethan (lässt sich zu Elasthan bzw. Lycra weiterverarbeiten). Synthetische Fasern werden dazu noch aus fossilen Brennstoffen wie Kohle, Erdgas oder Erdöl gewonnen.
Good to know: Apps wie codecheck verraten dir, ob deine Kleidung diese Fasern enthält.
9. Keep it cool!
Hitze belastet die Fasern unserer Kleidung. Deshalb immer möglichst kalt waschen (d.h. 30-40 Grad) und das zeitintensive Bügeln weglassen, wo es geht. Ausschütteln und Aufhängen helfen meist schon gegen Falten oder verkürzen zumindest die Bügelzeit. Außerdem sollten wir unserer Kleidung so oft wie möglich den Weg in den Trockner ersparen. Statt sie einem „qualvollen“ Schleudergang auszusetzen, solltest du sie lieber ein bisschen auf dem Wäscheständer „abhängen“ lassen.
10. Auch die Umwelt freut sich über deine gesenkte Stromkostenabrechnung!
Wer achtsam mit seiner Kleidung umgeht, wäscht weniger und kälter. Das spart nicht nur Energie, sondern ist auch viel umweltfreundlicher. Falls der Kauf einer neuen Waschmaschine bevorsteht, empfiehlt es sich auf die Energieklasse (A+, A++ oder sogar A+++) zu achten.
Das Meiste davon dürfte den Wenigsten neu sein. Allerdings ist es wichtig, sich stetig an die kleinen Dinge erinnern, die bereits einen großen Unterschied machen können. Letztlich halten wir es auch hier slow: Nur teile kaufen, in denen wir uns langfristig sehen, unsere Kaufentscheidungen abwägen und unsere Gefühlswelt dabei genau analysieren. Wir sollten nicht nur shoppen, weil wir uns dann kurzfristig glücklich fühlen, sondern weil wir etwas wirklich brauchen oder es einfach „Liebe auf den ersten Blick“ ist und wir wissen, dieses Lieblingsteil werde ich tragen, bis es auseinanderfällt. Damit diese Liebe lange hält, lohnt es sich, sie zu pflegen und unsere Tipps zu beachten. Und sollte ein Teil im hohen Alter dann doch irgendwann schlapp machen, schaut erstmal in den Second Hand Läden bei Euch in der Nähe vorbei. Häufig findet man dort wahre Schätze und vermeidet Neuware in den Textilkreislauf einzubringen!
Alle 10 Tipps auf einen Blick
- Beim Waschen gilt: weniger ist mehr!
- Jedes Material hat individuelle Pflegeansprüche.
- Ausleierungsschutz ist wichtig, auch dein Lieblingspulli ist nicht gerne „unförmig“.
- Was gegen „Pilling“ hilft? Ein Fussel-Rasierer!
- Schweißgeruch? Ab damit in den Gefrierschrank!
- Augen auf bei der Waschmittelwahl.
- Waschbälle, Waschnüsse oder selbstgemachtes Waschmittel aus Kastanien? Probier`s aus!
- Aufgepasst, Plastik versteckt sich echt überall, auch in unserer Kleidung. Spezielle Waschbeutel sind die Lösung!
- Hitze belastet die Fasern unserer Kleidung. Keep it cool!
- Auch die Umwelt freut sich über deine gesenkte Stromkostenabrechnung!
written by: Zoe Kabaßer