Mode killt das Klima

Die jüngsten Umweltkatastrophen innerhalb Deutschlands machen deutlich, dass die Klimakrise nichts Abstraktes, sondern mehr als real und sowas von spürbar auch bei uns angekommen ist. In diesem Beitrag erzählen wir euch, warum wir auch über die Mode- und Textilindustrie sprechen müssen, wenn wir über die Klimakrise reden.

Warum Mode das Klima killt

Was die Klimakrise mit der Modeindustrie zu tun hat? Mehr als vielen von uns bewusst ist.  Die Mode- und Textilindustrie verursacht jährlich 1,2 Milliarden Tonnen CO2 – mehr als internationale Flüge und Kreuzfahren zusammen. Die Modeindustrie – als Teil der Textilindustrie –  stößt dabei allein 5 Prozent der globalen Emissionen aus. Diese entstehen vor allem durch die langen Transportwege, Weiterverarbeitungen und die Gewinnung von Plastikfasern. Denn noch immer setzt die Modeindustrie sehr viel auf Plastikfasern, die wiederum aus Erdöl hergestellt werden. Würde man recyceltes Polyester verwenden, könnte man die CO2-Bilanz um verrückte 40 Prozent senken. Hört sich doch gut an, oder? Leider ist hier die schlechte Wirtschaftlichkeit der entscheidende Faktor.

Ein weiterer großer Nachteil von Kunststofffasern ist ein Abfallprodukt, das euch sicher schon öfter im Kontext von Waschen begegnet ist: Mikroplastik. 35 Prozent des Mikroplastiks in unseren Weltmeeren sind auf diese winzig kleinen Plastikfasern zurückzuführen. Unter Wasser fungieren sie als Giftstoffe und werden von den Meeresorganismen aufgenommen. Aber wie kommt das Plastik überhaupt in die Gewässer? Bei jedem Waschgang von Kleidungsstücken aus Kunststofffasern lösen sich kleinste Fasern von der Kleidung und gelangen in die Flüsse und somit in die Meere.

Ihr glaubt, dann sei Baumwolle die bessere Wahl? Bio-Baumwolle in jedem Fall, bei konventioneller Baumwolle sieht es schon wieder anders aus. Bei ihrem Anbau wird nicht selten Lachgas als Dünger verwendet. Bei diesem Gas ist die Wirkung als Treibhausgas 300-mal schädlicher als die von Kohlenstoffdioxid (CO2). Bei Bio-Baumwolle wird darauf verzichtet. Aber nicht nur Lachgas wird eingesetzt, auch Pestizide kommen bei konventioneller Baumwolle zum Einsatz – um die Pflanzen resistenter zu machen und vor Schädlingen zu schützen. Dass es dadurch zu Insektensterben kommt und das Verfahren natürlich auch für die Textilarbeiter:innen vor Ort schädlich ist, braucht man eigentlich gar nicht zu erwähnen.

Die Mode- und Textilindustrie emittiert mehr als die Luft- und Schifffahrt zusammen. In der Klimakampagne von GermanZero zeigen wir diese Zusammenhänge auf.

It’s toxic

Wasser wird in der Modeindustrie nicht nur für die Herstellung von Textilien, sondern auch in Bearbeitungssprozessen wie Färben, Gerben, Drucken und Waschen verwendet. Die Art dieser Prozesse beinhaltet einen hohen Einsatz von Salzen, Farbstoffen, Bleichmitteln und Chemikalien, die gefährliche Schadstoffe wie Schwermetalle enthalten – Abwässer, die anschließend oft ohne ordnungsgemäße Behandlung in Flüsse weitergeleitet werden. Mit schockierenden Zahlen: Laut Schätzungen gelangen jedes Jahr über 625.000 Tonnen Chemikalien aus der Textil- und Lederindustrie in Gewässer.

20 Prozent der industriellen Wasserverschmutzung können laut New Standard Institute auf das Färben und Behandeln der Textilien durch Chemikalien zurückgeführt werden. Konkret geht es um die Verwendung von Schwefel und Nitrat sowie Kupfer, Nickel, Kobalt und viele mehr. Aber auch Fleckenentfernern auf Chorbasis und Formaldehyd als Farbfixierer spielen eine gefährliche Rolle. Allesamt Chemikalien, die nicht biologisch abbaubar sind und das Grundwasser, die Flüsse und sämtliche andere Gewässer verschmutzen.

Die Folge? Die öligen Rückstände und Farbreste trüben das Wasser. Die Photosynthese kann kaum bis gar nicht mehr umgesetzt werden, da das Sonnenlicht nicht mehr durchdringen kann. Durch schlechte bzw. fehlende Photosynthese sinkt der Sauerstoffgehalt im Wasser und das gesamte Leben im Wasser verändert sich. Wenn das Wasser dann noch zum Bewässern von Landwirtschaft genutzt wird, beeinflusst das auch die Fruchtbarkeit des Bodens.

A long way

Bis ein Kleidungsstück in einen physischen Store oder in den digitalen Display von e-commerce Anbieter:innen gelangt, legt es jede Menge Kilometer zurück.  Zum Transportweg zählt nicht nur die Strecke, die ein Kleidungsstück beim Versand absolviert, sondern auch die einzelnen Schritte der langen langen Wertschöpfungskette: Anbau, Spinnerei, Färberei, Fertigung– die einzelnen Produktionsschritte werden zumeist in spezialisierten Betrieben durchgeführt. So ist es wahrscheinlich, dass unsere Kleidungsstücke schon mehr von der Welt gesehen haben, als wir selbst.

Ein einzelnes Kleidungsstück hat im Zweifel mehr von der Welt gesehen, als wir selbst.

Buy less. Choose well.

Jeder Mensch in Deutschland hat im Durchschnitt 95 Kleidungsstücke im Schrank, wobei jedes fünfte nie die Tiefen des Kleiderschranks verlässt. Laut Greenpeace hat sich die Produktion an Kleidung im Zeitraum 2000 – 2014 weltweit mehr als verdoppelt. Dieser irrsinnig hohe Konsum führt – nicht zuletzt seit der Coronapandemie – dabei gleichermaßen zu einer hohen Quote des Aussortierens. Allerdings wird die Mehrzahl der Kleidungsstücke nicht wiederverwertet, sondern landet einfach im Restmüll – wird also verbrannt, dadurch entsteht CO2. Allein in der Europäischen Union geht man von jährlich 1,5 bis 2 Millionen Tonnen Kleidungsmüll aus. Dazu kommt der Verschnitt, der bereites während der Fertigung anfällt, das sind auch bereits 15 Prozent. Mehr dazu lest ihr auch in unserem Interview mit Thomas Ahlmann vom Dachverband FairWertung.

And then there was a time when there was quality… Nein, leider sind wir noch nicht fertig mit den schlechten Nachrichten. Zum Problem des übermäßigen Konsums kommt hinzu, dass die Qualität der Kleidungsstücke durch den hohen Polyesteranteil (und andere Synthetikfasern) so schlecht ist, dass sie weder weiterverarbeitet noch neu versponnen werden können. Falls dies doch gelingt, bleibt nur noch Downcycling – eine Qualitätsminderung, wie etwa aus einem synthetischen Kleidungsstück ein Isoliermaterial oder einen Putzlappen herzustellen. Downcycling ist allerdings für die meisten Unternehmen aus wirtschaftlicher Sicht unattraktiv, da die Ware meist unter den Herstellungskosten verkauft wird.

Unsere Gesellschaft ist schnelllebig, nicht selten geht es um Masse und Profit. Das verändert die Art, wie wir konsumieren und wie wir mit Kleidung umgehen. Große Modemarken stellen fast jede Woche neue Kollektionen vor, Menschen kaufen sie und entsorgen sie genauso schnell wieder. Es scheint fast wie ein Wettstreit: Wer verbraucht mehr Ressourcen und Energie in weniger Zeit und macht damit am meisten Profit?

System change not climate change: Klimawahl

Bewusstes Einkaufen und Konsumieren von Kleidung sind nicht nur kleine Schritte, sondern können große Gamechanger sein. Auch bei Bridge&Tunnel möchten wir einen Beitrag leisten. Dazu gehört für uns: Ressourcen schonen und vorhandene Materialien wieder und weiter verwenden. Das allein reicht aber nicht: Wir müssen alle Rädchen des Systems neu denken, um ineinander greifende Veränderung und Verbesserung zu bewirken.

In unserer Heimatstadt Hamburg haben wir uns dafür mit GermanZero zusammengetan, die sich für ein klimaneutrales Hamburg bis 2035 einsetzen. Hamburgs Beitrag, um die globale Erwärmung unter 1,5°Grad zu halten. Denn nur mit einer drastischen Verschärfung der Klimaziele und einer Berechnung des CO2-Restbudgets kann die Forderung der Klimaneutralität erfüllt werden. Da Besserverdienende deutlich mehr zum Klimawandel beisteuern als Geringverdienende, sind die Hamburger Forderungen eng mit dem Thema soziale Gerechtigkeit verbunden. Das Coole an der Kampagne: auch unsere Näherin Mandeep hat mitgespielt und wir sind sowas von stolz auf ihren klugen Beitrag, warum klimabewusst zu leben nichts nur etwas für Besserverdienende bleiben darf.

Am 26. September sind Bundestagswahlen oder besser gesagt: Klimawahlen. Und Deutschland wählt hoffentlich eine Regierung, die den Klimawandel so ernst nimmt wie nur irgendwie möglich. Wir freuen uns, wenn auch ihr euch für eine Wahl stark macht, in der nicht länger rumgeeiert, sondern der systemische Wandel herbeigeführt wird, den wir jetzt für eine Klimawende brauchen. Denn das können wir nur zusammen.

Text: Paula de Vries, Titelbild: Lena Scherer

GermanZero Kampagne / Fotos: Marie Hölscher, Konzept: Verstärker GmbH, Creative Direction: Lotta Katrine Meyer, Film und Schnitt: Christoph Höhmann, Ton: Michael Manzke, Übersetzung Zoé Mossmann

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